Ertragswertverfahren

Ertrag­wert­ver­fahren

EW-RL Ziffer 2, Absatz 2

Das Ertrags­wert­ver­fahren kann in der Verkehrs­wert­ermitt­lung insbe­son­dere zur Anwen­dung kommen, wenn im gewöhn­li­chen Geschäfts­ver­kehr (markt­üb­lich) die Erzie­lung von Erträgen für die Preis­bil­dung ausschlag­ge­bend ist, z. B. bei Miet­wohn­grund­stü­cken, Wohnungs­ei­gentum und gewerb­lich genutzten Immobilien.


EW-RL Ziffer 4.1, Absatz 1

Für die Ermitt­lung des Ertrags­werts stehen folgende Verfah­rens­va­ri­anten zur Verfügung:

  • das allge­meine Ertrags­wert­ver­fahren auf der Grund­lage markt­üb­lich erziel­barer Erträge unter modell­hafter Aufspal­tung in einen Boden- und Gebäudewertanteil
  • das verein­fachte Ertrags­wert­ver­fahren auf der Grund­lage markt­üb­lich erziel­barer Erträge und des abge­zinsten Boden­werts oder
  • das peri­odi­sche Ertrags­wert­ver­fahren auf der Grund­lage peri­odisch unter­schied­li­cher Erträge und des abge­zinsten Rest­werts des Grundstücks

EW-RL Ziffer 4

Der vorläu­fige Ertrags­wert wird auf der Grund­lage des Rohertrags und des Boden­werts ermit­telt, wobei selbst­ständig nutz­bare Teil­flä­chen geson­dert zu berück­sich­tigen sind. Der vorläu­fige Ertrags­wert ist gegebenenfalls

  • an die Markt­lage anzu­passen und
  • um den Wert­ein­fluss der beson­deren objekt­spe­zi­fi­schen Grund­stücks­merk­male zu korrigieren.

EW-RL Ziffer 4.1, Absatz 1

Allge­meines Ertragswertverfahren

Im allge­meinen Ertrags­wert­ver­fahren wird der vorläu­fige Ertragswert

  • aus dem kapi­ta­li­sierten jähr­li­chen Rein­ertrag abzüg­lich des Boden­wert­ver­zin­sungs­be­trages zuzüglich
  • des Boden­werts

ermit­telt.

Der Ermitt­lung des Boden­wert­ver­zin­sungs­be­trags und der Kapi­ta­li­sie­rung des jähr­li­chen Rein­ertrags ist jeweils derselbe Liegen­schafts­zins­satz zu Grunde zu legen. Die Kapi­ta­li­sie­rungs­dauer entspricht der wirt­schaft­li­chen Rest­nut­zungs­dauer der bauli­chen Anlagen.


EW-RL Ziffer 4.2, Absatz 1

Verein­fachtes Ertragswertverfahren

Im verein­fachten Ertrags­wert­ver­fahren wird der vorläu­fige Ertragswert

  • aus dem kapi­ta­li­sierten jähr­li­chen Rein­ertrag zuzüglich
  • des über die wirt­schaft­liche Rest­nut­zungs­dauer der bauli­chen Anlagen abge­zinsten Bodenwerts

ermit­telt.

Der Kapi­ta­li­sie­rung des jähr­li­chen Rein­ertrags und der Abzin­sung des Boden­werts ist jeweils derselbe Liegen­schafts­zins­satz zu Grunde zu legen. Die Kapi­ta­li­sie­rungs­dauer bzw. Abzin­sungs­dauer entspricht der wirt­schaft­li­chen Rest­nut­zungs­dauer der bauli­chen Anlagen.


EW-RL Ziffer 4.3, Absatz 1

Peri­odi­sches Ertragswertverfahren

Im peri­odi­schen Ertrags­wert­ver­fahren kann der vorläu­fige Ertrags­wert in der Regel

  • aus der Summe der auf den Wert­ermitt­lungs­stichtag abge­zinsten Rein­erträge der Peri­oden inner­halb des Betrach­tungs­zeit­raums zuzüglich
  • des über den Betrach­tungs­zeit­raum abge­zinsten Rest­werts des Grundstücks

ermit­telt werden.

Das peri­odi­sche Ertrags­wert­ver­fahren kann insbe­son­dere Anwen­dung finden, wenn die Ertrags­ver­hält­nisse des Wert­ermitt­lungs­ob­jekts im Betrach­tungs­zeit­raum mit hinrei­chender Sicher­heit aufgrund konkreter Tatsachen

  • wesent­li­chen Ände­rungen unter­liegen (z. B. quali­ta­tive Ände­rungen der Immobilie),
  • wesent­lich von den markt­üb­li­chen Erträgen (z. B. bei Staf­fel­miet­ver­trägen) abwei­chen oder
  • starken Schwan­kungen unterliegen.

Der Betrach­tungs­zeit­raum, für den die peri­odisch unter­schied­li­chen Erträge ermit­telt werden, soll so gewählt werden, dass die Höhe der im Betrach­tungs­zeit­raum anfal­lenden Erträge mit hinrei­chender Sicher­heit ermit­telt werden kann (in der Regel bis zu 10 Jahre). Ein wich­tiges Krite­rium für die Fest­le­gung des Betrach­tungs­zeit­raums ist die Lauf­zeit der Miet- bzw. Pacht­ver­träge. Der Abzin­sung ist der Liegen­schafts­zins­satz zu Grunde zu legen.

Der Rest­wert des Grund­stücks kann in der Regel ermit­telt werden

  • aus dem Barwert des Rein­ertrags der Rest­pe­riode zuzüglich
  • des Boden­werts, der über die Rest­pe­riode abge­zinst wurde.

Die Rest­pe­riode ist die um den Betrach­tungs­zeit­raum redu­zierte wirt­schaft­liche Restnutzungsdauer.
Bei der Ermitt­lung des Rein­ertrags der Rest­pe­riode, z.B. im verein­fachten Ertrags­wert­ver­fahren, ist der am Wert­ermitt­lungs­stichtag markt­üb­lich erziel­bare Rohertrag zu Grunde zu legen. Entspre­chendes gilt auch für den Ansatz der Bewirt­schaf­tungs­kosten. Die Kapi­ta­li­sie­rung erfolgt über die Dauer der Rest­pe­riode. Der Kapi­ta­li­sie­rung und der Abzin­sung ist jeweils derselbe Liegen­schafts­zins­satz zu Grunde zu legen.


Immo­WertV § 17, 18, 19 und EW-RL Ziffer 5 und 6

Rein­ertrag

Der Rein­ertrag ergibt sich aus dem jähr­li­chen Rohertrag abzüg­lich der Bewirtschaftungskosten.

Rohertrag:

Der Rohertrag ergibt sich aus den bei ordnungs­ge­mäßer Bewirt­schaf­tung und zuläs­siger Nutzung markt­üb­lich erziel­baren Erträgen.

Bewirt­schaf­tungs­kosten (siehe auch: Bewirt­schaf­tungs­kosten – Kostenansätze):

Als Bewirt­schaf­tungs­kosten sind die für eine ordnungs­ge­mäße Bewirt­schaf­tung und zuläs­sige Nutzung markt­üb­lich entste­henden jähr­li­chen Aufwen­dungen zu berück­sich­tigen, die nicht durch Umlagen oder sons­tige Kosten­über­nahmen gedeckt sind.
Bewirt­schaf­tungs­kosten sind:

  • die Verwal­tungs­kosten; sie umfassen die Kosten der zur Verwal­tung des Grund­stücks erfor­der­li­chen Arbeits­kräfte und Einrich­tungen, die Kosten der Aufsicht, den Wert der vom Eigen­tümer persön­lich geleis­teten Verwal­tungs­ar­beit sowie die Kosten der Geschäftsführung;
  • die Instand­hal­tungs­kosten; sie umfassen die Kosten, die infolge von Abnut­zung oder Alte­rung zur Erhal­tung des der Wertermittlung zugrunde gelegten Ertrags­ni­veaus der bauli­chen Anlage während ihrer Rest­nut­zungs­dauer aufge­wendet werden müssen;
  • das Miet­aus­fall­wagnis; es umfasst das Risiko von Ertrags­min­de­rungen, die durch unein­bring­liche Rück­stände von Mieten, Pachten und sons­tigen Einnahmen oder durch vorüber­ge­henden Leer­stand von Raum entstehen, der zur Vermie­tung, Verpach­tung oder sons­tigen Nutzung bestimmt ist; es umfasst auch das Risiko von unein­bring­li­chen Kosten einer Rechts­ver­fol­gung auf Zahlung, Aufhe­bung eines Miet­ver­hält­nisses oder Räumung;
  • die Betriebs­kosten.

Soweit sich die Bewirt­schaf­tungs­kosten nicht ermit­teln lassen, ist von Erfah­rungs­sätzen auszugehen.


WertR2006 Nr. 3.5.7
(Die WertR2006 wurde durch die Sachwertrichtlinie (SW-RL), Ertragswertrichtlinie (EW-RL) und Vergleichswertrichtlinie (VW-RL) größtenteils überarbeitet/ersetzt. Die Angaben in der WertR2006 haben nur noch bedingt Gültigkeit und sind mit besonderer Beachtung anzuwenden.)

Verviel­fäl­tiger

Der Verviel­fäl­tiger für die Ermitt­lung des Ertrags­werts ist aus der Tabelle Anlage 5 nach der Rest­nut­zungs­dauer des Gebäudes und dem ange­mes­senen, nutzungs­ty­pi­schen Liegen­schafts­zins­satz zu entnehmen. Dabei handelt es sich um den Renten­bar­wert­faktor einer jähr­lich nach­schüs­sigen Rente, die auch im Falle einer monat­lich vorschüs­sigen Zahlungs­weise Anwen­dung finden kann […] 


Liegen­schafts­zins­satz

siehe Fach­ber­giffe – Liegen­schafts­zins­satz


Boden­wert

siehe Fach­ber­giffe – Boden­richt­wert und Fach­ber­giffe – Bodenwert


Ablauf­schema bei der Wertermittlung gem. EW-RL Nr. 4.4

Allge­meines Ertragswertverfahren

Jähr­li­cher Rohertrag

-

Bewirt­schaf­tungs­kosten

=

Jähr­li­cher Reinertrag

-

Boden­wert­ver­zin­sungs­be­trag

=

Rein­ertrags­an­teil der bauli­chen Anlagen

–> Kapi­ta­li­sie­rung

=

Vorläu­figer Ertrags­wert der bauli­chen Anlagen

+

Boden­wert

=

Vorläu­figer Ertragswert

–> Markt­an­pas­sung

=

Markt­an­ge­passter vorläu­figer Ertragswert

+/-

Beson­dere objekt­spe­zi­fi­scher Grundstücksmerkmale

=

Ertrags­wert


Verein­fachtes Ertragswertverfahren

Jähr­li­cher Rohertrag

-

Bewirt­schaf­tungs­kosten

=

Jähr­li­cher Reinertrag

–> Kapi­ta­li­sie­rung

=

Barwert des Reinertrags

+

abge­zinster Bodenwert

=

Vorläu­figer Ertragswert

–> Markt­an­pas­sung

=

Markt­an­ge­passter vorläu­figer Ertragswert

+/-

Beson­dere objekt­spe­zi­fi­scher Grundstücksmerkmale

=

Ertrags­wert


Peri­odi­sches Ertragswertverfahren

Roherträge der Peri­oden im Betrachtungszeitraum

-

Bewirt­schaf­tungs­kosten

=

Rein­erträge der Peri­oden im Betrachtungszeitraum

–> Abzin­sung auf den Wertermittlungsstichtag

=

Barwerte der Rein­erträge der Peri­oden im Betrachtungszeitraum

Summe der Barwerte im Betrachtungszeitraum

+

abge­zinster Rest­wert des Grundstücks

=

Vorläu­figer Ertragswert

–> Markt­an­pas­sung

=

Markt­an­ge­passter vorläu­figer Ertragswert

+/-

beson­dere objekt­spe­zi­fi­scher Grundstücksmerkmale

=

Ertrags­wert


Online-Immo­bi­lien-Rechner

Hier gehts zum Immo­bi­lien-Rechner nach dem Ertrags­wert­ver­fahren.


Infor­ma­tionen aus der WertR2006 (mitt­ler­weile veraltet und hier infor­mativ aufgeführt):

Allge­meines Ertragswertverfahren:

Der Ertrags­wert (nach dem allge­meinen Ertrags­wert­ver­fahren) wird ermit­telt aus dem nach § 16 ermit­telten Boden­wert und dem um den Betrag der ange­mes­senen Verzin­sung des Boden­werts vermin­derten und sodann kapi­ta­li­sierten Rein­ertrag; der Ermitt­lung des Boden­wert­ver­zin­sungs­be­trags ist der für die Kapi­ta­li­sie­rung nach § 20 maßgeb­liche Liegen­schafts­zins­satz zugrunde zu legen; bei der Ermitt­lung des Boden­wert­ver­zin­sungs­be­trags sind selb­ständig nutz­bare Teil­flä­chen nicht zu berücksichtigen.

Verein­fachtes Ertragswertverfahren:

Der Ertrags­wert (nach dem verein­fachten Ertrags­wert­ver­fahren) wird ermit­telt aus dem nach § 20 kapi­ta­li­sierten Rein­ertrag und dem nach § 16 ermit­telten Boden­wert, der mit Ausnahme des Werts von selb­ständig nutz­baren Teil­flä­chen auf den Wert­ermitt­lungs­stichtag nach § 20 abzu­zinsen ist.
Eine selb­ständig nutz­bare Teil­fläche ist der Teil eines Grund­stücks, der für die ange­mes­sene Nutzung der bauli­chen Anlagen nicht benö­tigt wird und selb­ständig genutzt oder verwertet werden kann.

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